
Wenn mein Freund meine Frau doof findet, dann ist das erstmal schwierig für mich. Aber wir könnten uns trotzdem treffen. Wenn er mir bei jeder Verabredung erzählt, was ihm an ihr alles nicht gefällt und warum sie nicht die richtige für mich ist, dann werde ich mich ziemlich schnell nicht mehr mit ihm treffen.
Wenn wiederum ich ihm bei jedem Treffen erzähle, warum sie die tollste Frau der Welt ist, und dass er tieftraurig darüber sein müsste, dass ich und nicht er mit ihr verheiratet ist, dann wird er sich ziemlich schnell nicht mehr mit mir verabreden.
Unsere Freundschaft kann nur lebendig bleiben, wenn wir beide die Ansicht des
anderen akzeptieren. Und wenn wir nicht ständig versuchen, den anderen zu überzeugen. Und trotzdem offen dafür bleiben, dem Thema Raum zu geben. Ich werde nicht plötzlich darauf achten, möglichst wenig von meiner Frau zu erzählen. Sondern ich rede normal von dem, was mich bewegt und was ich so erlebe. Und da meine Frau dabei eine ganz große und (meistens 😉) positive Rolle spielt, kann es sein, dass mein Freund irgendwann erkennt, warum er tieftraurig darüber sein müsste, dass ich und nicht er mit ihr verheiratet ist!
Ähnlich geht es mir mit meinem Glauben.
Ich kann nicht mit jemandem befreundet sein, der meinen Glauben nicht akzeptiert
oder immer anfängt die Augen zu verdrehen, wenn ich davon normal erzähle. Und meine Freunde müssen es akzeptieren, dass meine Beziehung zu Gott Energie und Zeit beansprucht und ich z.B. sonntags in den Gottesdienst gehe, auch wenn ich Zeit mit ihnen verbringen könnte. Und für mich ist es wichtig, meine Freunde als mündige Menschen zu behandeln, die nicht von mir gesagt bekommen müssen, wie das Leben und die Welt funktionieren! Die auch ohne Gott glücklich sein können. Ich möchte auch nicht klassifizieren, so nach dem Motto: Heute bin ich mit meinen christlichen Freunden verabredet und morgen mit meinen nichtchristlichen Freunden, also kann ich heute „normal“ sein und morgen bin ich im „Missionsmodus“! Wenn Gottes Liebe mich wirklich erfüllt, dann sprengt sie meinen religiösen Fahrplan. Dann ist mein Herz voll davon und quillt über. Dann bin ich motiviert, für meine Freunde zu beten und Gott zu bitten, dass sie ihn auch kennenlernen.
Und ich bin mir sicher:
Je wichtiger und erfüllender unsere Beziehung zu Gott ist, desto offener werden wir sie leben. Desto normaler und mutiger werden wir davon erzählen, ohne dass wir anderen ständig nervend damit in den Ohren liegen müssen. Und wir dürfen es Gott überlassen, was er daraus macht und wie er handelt.
Felix Gehring, Gemeinschaftspastor der EG Gödenstorf